Um sportliche Höchstleistungen zu erzielen und im Wettkampf abrufen zu können, sind stabile mentale Fähigkeiten und Fertigkeiten (Mentale Stärke) u.a. im Bereich der Kognition, Antriebs- und Psychoregulation notwendig. Doch nicht nur die individuellen Persönlichkeitseigenschaften und psychischen Zustände können das Leistungsvermögen, die Gesundheit und die Handlungskompetenz der Athletinnen und Athleten beeinflussen, sondern ebenso das Umfeld und die sozialen Prozesse, in dem die Akteure sich bewegen. Auf der psychosozialen Ebene sind deshalb Forschungen notwendig zur Optimierung der individuellen Handlungskompetenzen, im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, zur psychischen Gesundheit und sportartspezifisch relevanten psychischen Anforderungen sowie der sozialen Prozesse im Sportsetting. Um ein soziales Umfeld zu schaffen, in den Athletinnen und Athleten ihre sportlichen Höchstleistungen erreichen können, sind funktionale Interaktionsbeziehungen von großer Bedeutung. Dementsprechend werden Forschungen gefördert, die relevante Interaktionsbeziehungen und -prozesse im Hinblick auf eine leistungs- und erfolgsfördernde Gestaltung in den Blick nehmen. Zielgruppen sind insbesondere Athletinnen und Athleten, Trainerinnen und Trainer, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter und weitere Verbandsakteure.
Um Athletinnen und Athleten optimal auf sportliche Wettbewerbe vorzubereiten und im Wettkampf ihre bestmöglichen Leistungen abrufen zu können, bedarf es einer Vielzahl an Kompetenzen und Kooperationen auf Seiten des Leistungssportpersonals. Hierbei sind neben den Trainerinnen und Trainern als Schlüsselpersonen im Betreuungsumfeld des Spitzensporttreibenden auch alle weiteren Personen im Leistungssportsystem gemeint, die einen Einfluss auf die sportliche Leistung der Athletinnen und Athleten in Training und Wettkampf sowie deren sportliche Entwicklung insgesamt haben können – z.B. Personen aus der Sportpsychologie, Medizin, Ernährungsberatung, Trainingswissenschaft, Laufbahnberatung und Physiotherapie bis hin zu Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, deren Kompetenzen in vielen Sportarten den Wettkampfausgang maßgeblich mitentscheiden können. Neben der fachlichen Kompetenz benötigt das Leistungssportpersonal hohe soziale, kommunikative und interkulturelle Kompetenzen, um untereinander und insbesondere auf die Athletinnen und Athleten individuell eingehen zu können und somit Lern- und Trainingsprozesse zu optimieren. Ebenfalls sind insbesondere bei Trainerinnen und Trainern psychologische, pädagogische und didaktische Fähigkeiten gefragt, um Trainingsinhalte zu vermitteln, psychoregulative Kompetenzen und Fertigkeiten zum Umgang mit den komplexen eigenen Anforderungen und hohen Belastungen bzw. Erwartungsdruck, sowie wissenschaftliches Know-How, um aktuelle Erkenntnisse in der Praxis anzuwenden.
Zur Bearbeitung dieser und weiterer sportpsychologischen Problem- und Themenfelder fördert das BISp sportpsychologische Forschungs- und Entwicklungsprojekte insbesondere in den aufgeführten Bereichen (Quelle: BISp-Rahmenprogramm leistungssportbezogener Forschung und Entwicklung, 2024)
Optimierung psychischer Voraussetzungen spitzensportlichen Erfolgs (Mentale Stärke)
Zur Optimierung leistungssportrelevanter psychischer Fähigkeiten und Fertigkeiten sind eine stete Weiterentwicklung und Effizienzüberprüfung von Trainingsmaßnahmen in der Wechselwirkung von allgemeinen und sportartspezifischen Anforderungen auf Basis von Ursachen-Wirkungsanalysen, bezogen auf das Training psychologischer Leistungsvoraussetzungen notwendig.
Exemplarische Forschungs- und Entwicklungsthemen:
- Einsatz und Effizienzüberprüfung von Trainings- und Beratungsmethoden zur Optimierung sport(art)spezifisch relevanter psychoregulatorischer, antriebsregulatorischer, psychosozialer Fähigkeiten, sowie kognitiver Fähigkeiten, insbesondere Erkenntnis- und Aufmerksamkeitsfähigkeiten
Qualitätssicherung der sportpsychologischen Beratung und Betreuung im deutschen Leistungssport
Sportpsychologische Beratung und Betreuung im deutschen Leistungssport dient nicht nur der Stabilisierung und Verbesserung der Handlungskompetenzen der Akteure durch ein systematisches Training von mentalen und psychoregulativen Techniken und Strategien, sondern auch der Persönlichkeitsentwicklung und Gesunderhaltung im gesamten Verlauf der leistungssportlichen Karriere – vom On-Boarding bis hin zum Off-Boarding. Die psychologische Beratung und Betreuung umfasst eine eher langfristige Zusammenarbeit im Sinne der Trainings- und Wettkampfbegleitung sowie der Moderation von Prozessen z.B. der Regeneration und der Verletzungsprophylaxe. In diesem Zusammenhang sind Forschungsprojekte zu unterstützen, die an der systematischen Förderung der psychischen Leistungskomponenten sowie der Qualitätssicherung der Beratungs- und Betreuungsmaßnahmen ausgerichtet sind.
Exemplarische Forschungs- und Entwicklungsthemen:
- Qualitätssicherung der sportpsychologischen Beratung und Betreuung im deutschen Leistungssport durch Evaluation und Weiterentwicklung bestehender Strukturen, Prozesse und Inhalte
- Ausdifferenzierung des Wirkgefüges von intellektuellen (Denken und Gedächtnis), wahrnehmungsgebundenen (Informationsaufnahme) und Entscheidungs- und Bewertungsfähigkeiten sowie psychosozialen Fähigkeiten auf individuelles bzw. kollektives strategisch-taktisches Handeln und Verhalten
- (Weiter)Entwicklung und Evaluation sportpsychologischer Rahmenkonzeptionen der olympischen und paralympischen Spitzenverbände und Sportarten
Methodenentwicklung zur sportpsychologischen Trainings- und Wettkampfsteuerung
Zielgerichtetes Handeln im Trainings- und Wettkampfprozess setzt eine individuelle bzw. mannschaftsbezogene präzise Diagnostik und Steuerung unter Einsatz wissenschaftlich fundierter Testmethoden, Verfahren und Inventare voraus. Neben der wissenschaftlichen Güte sind für den späteren Einsatz und die Nutzung der Methoden und Testverfahren in der Leistungssportpraxis die Praktikabilität, Ökonomie und Angebote zur Erfassung und Auswertung über modernste technologische digitale Lösungen unabdingbar.
Exemplarische Forschungs- und Entwicklungsthemen:
- Weiterentwicklung von sport(art)spezifischen psychologischen Methoden zur Diagnostik und Steuerung in Training und Wettkampf
- Innovative Wege der psychologischen Diagnostik und des Psychologischen Trainings (z.B. Onlineberatung, Apps)
Soziale Prozesse der Leistungsoptimierung in Training und Wettkampf: Teamaspekte & Gruppendynamik
Im Sport gelten neben motorischen und psychischen Voraussetzungen vor allem soziale Ressourcen und gruppendynamische Prozesse als wichtiger Erfolgsfaktor. Soziale Interaktionen wie gegenseitige Kommunikation, Unterstützung, Akzeptanz, Kooperation und das Zusammengehörigkeitsgefühl beeinflussen dabei die sportliche Leistung genauso wie interaktive soziale Prozesse der Konkurrenz und des Schädigens. Soziale Prozesse haben dabei nicht nur für Mannschafts- und Rückschlagsportarten eine hohe Bedeutung, sondern auch für Individualsportarten. Zudem müssen soziale Prozesse auch im Leistungssportumfeld Berücksichtigung finden in Untersuchungen, um den Akteuren möglichst erfolgsfördernde Rahmenbedingungen zu ermöglichen.
Exemplarische Forschungs- und Entwicklungsthemen:
- Sportartspezifische Analyse und Diagnostik leistungsrelevanter gruppendynamischer Prozesse und Ableitung von individuellen, interindividuellen und mannschaftsbezogenen Interventionsmaßnahmen zur Optimierung der sozialen Interaktion und Prozesse
- Leistungszuwächse und -verluste in Mannschaften: Gruppenbezogene Phänomene mit Auswirkung auf die Gruppenleistungen
- Soziale Medien und Sozialer Einfluss auf die sportliche Leistung
Psychische Gesundheit und Erkrankungen im Leistungssport
Die sehr hohen sportspezifischen Belastungen in Training und Wettkampf können auf Dauer die psychische und physische Gesundheit von Athletinnen und Athleten sowie von Trainerinnen und Trainern potenziell gefährden. So können extreme körperliche und psychische Belastungen zu Schlafstörungen, Infektanfälligkeiten, häufigen Verletzungen, aber und auch zu Angst- und Zwangsstörung, Depressionen oder Suchtkrankheiten führen. Zur Stärkung der psychischen Gesundheit gilt es, über Forschungen sportartspezifisch mit geeigneten Methoden und Präventionsansätzen frühzeitig die Entstehung psychischer Belastungsstörungen und Erkrankungen zu erkennen und durch geeignete individuelle psychologische diagnostische und Interventionsmaßnahmen möglichst präventiv entgegenzuwirken.
Exemplarische Forschungs- und Entwicklungsthemen:
- Methoden(weiter)entwicklung zur Erfassung psychischer Risikofaktoren und Umsetzung gesundheitspsychologischer Präventionsmaßnahmen
- Weiterentwicklung von digitalgestützten Screeningverfahren zur Erfassung potenzieller Risikofaktoren der psychischen Gesundheit in verschiedenen Sportsettings (Frühwarnsysteme) im Kontext der Trainings- und Wettkampfsteuerung
Besondere psychologische Aspekte im Sport der Menschen mit Beeinträchtigungen
Dieser Themenkorridor adressiert Untersuchungen und Fragestellungen zu spezifischen medizinischen und psychologischen Besonderheiten im Sport der Menschen mit Beeinträchtigungen.
Exemplarische Forschungs- und Entwicklungsthemen:
- Anwendung sportpsychologischer Konzepte unter Berücksichtigung bestehender Sinnesbeeinträchtigungen
- Entwicklung und Validierung von gesundheitspräventiven Untersuchungen und individuellen Präventionsstrategien
Individuelle Kompetenzen und Fertigkeiten von Trainerinnen und Trainern sowie vom weiteren Leistungssportpersonal
Eine qualifizierte und erfolgreiche Tätigkeit als Trainerin und Trainer erfordert ein hohes Maß unterschiedlicher Kompetenzen, um die vielfältigen Aufgaben adäquat bewältigen zu können.
Die Ermittlung der sportartspezifischen Anforderungen und Bedingungen einerseits und der verfügbaren individuellen Kompetenzen andererseits dient dabei als Ausgangspunkt für Maßnahmen zur Optimierung der individuellen Kompetenzen von Trainerinnen und Trainern und der weiteren Personengruppen im Leistungssportsystem.
Exemplarische Forschungs- und Entwicklungsthemen:
- Analyse der sportartübergreifenden und sportartspezifischen Eignungsvoraussetzungen, z.B. Fach-, Führungs-, Vermittlungs-, Interkulturelle-, Sozialkompetenz, Umgang mit Medien, Wissensmanagement
- Analyse der Nachfrage und Nutzung von Informationsversorgungssystemen und Fortbildungsangeboten
- Entwicklung von Diagnose- und Interventionsmaßnahmen zur Überprüfung und Optimierung der individuellen Handlungskompetenzen