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Testgüte und Testkonstruktion der AMS-Sport

Testgüte und Testkonstruktion der AMS-Sport

Grundlage der AMS-Sport ist die deutsche Fassung (Göttert & Kuhl, 1980) der Achievement Motives Scale von Gjesme und Nygard (1970). Das Anliegen des adaptierten sportspezifischen Fragebogen AMS-Sport ist eine getrennte Erfassung der beiden Leistungsmotivkomponenten Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Misserfolg in Sportsituationen.

 

Untersuchung und Stichprobe

Zur Bestimmung der Testgütekriterien wurden Daten von zwei verschiedenen Stichproben verwendet.

Stichprobe 1 (Handball):

Die erste Stichprobe umfasste N = 165 Studierende mit einem Durchschnittsalter von  23 Jahren (SD = 3). 41 Studierende konnten als LeistungssportlerInnen (Elbe, 2003) eingestuft werden. Alle Probanden füllten die Fragebögen AMS-Sport, SOQ (Sport Orientation Questionnaire; Elbe, 2004), TEOSQ-D (Task and Ego Orientation in Sport Questionnaire-Deutsch; Rethorst & Wehrmann, 1998) und AMS (allgemeine Version; Göttert & Kuhl, 1980) aus.

Darüber hinaus enthielt diese Stichprobe ebenfalls die Versuchspersonen für die Erfassung des Handballwurfspiels (Elbe, Wenhold & Müller, 2005), welches eine Risikowahlversuchsaufgabe darstellt und zur Prüfung der Kriteriumsvalidität herangezogen wurde. Es handelte sich um 28 Studenten/-innen der Sportwissenschaften (14 Lehramt; 14 Diplom), die an Handballkursen im Rahmen ihrer Ausbildung teilnahmen. Von ihnen waren 10 als Leistungssportler/-innen einzustufen.

Stichprobe 2 (Golf):

Die zweite Stichprobe setzte sich aus 34 Studierenden und DozentInnen des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Potsdam mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren (SD = 11) zusammen. Die Versuchspersonen füllten die AMS-Sport aus. Zur Bestimmung der Risikowahl (Verhaltenskriterium) wurde ein Golf Putt - Spiel entwickelt.

In dieser Stichprobe wurde zur Bestätigung der Ergebnisse in Stichprobe 1 nur die Kriteriumsvalidität bestimmt.

Stichprobe 3

Bei der dritten Stichprobe handelt es sich um 32 weibliche (40.0%) und 45 männliche (56.3%) Sportstudierende der Universität Potsdam. Drei Athleten/-innen machten keine Angabe zum Geschlecht. Das Alter wurde nicht bestimmt. Diese Stichprobe diente zur Bestimmung der Retestreliabilität und der Konstruktvalidität der Kurzform des Fragebogens AMS-Sport.

 

Ergebnisse

Faktorenstruktur

Die Faktorenstruktur der AMS-Sport wurde mit Hilfe einer Hauptkomponentenanalyse untersucht. Nach dem Kaiser-Guttman-Kriterium wären 5 Faktoren extrahiert worden, da diese einen Eigenwert größer als 1 besitzen. Auf Grundlage der allgemeinen Skala AMS und der aus der Theorie bekannten zwei Motivkomponenten Hoffnung auf Erfolg (HE) und Furcht vor Misserfolg (FM), wurden bei der Analyse 2 Faktoren vorgegeben. Sowohl die Varianzaufklärung von 57 % als auch der Scree‑Test und die Parallelanalyse (RanEigen) bestätigen die 2‑Faktorenstruktur. Die Ladungen liegen für alle Items zwischen a = .452 und a = .842.

Für die Skaleninterkorrelation ergab sich ein negativer Zusammenhang von r  =  -.46.

 

Reliabilität

Langform

Für die Reliabilitätsprüfung wurde zunächst die interne Konsistenz nach Cronbach’s Alpha bestimmt. Im Anschluss wurde auch die Zuverlässigkeit mit einem Testwiederholungsintervall von 6 Wochen geprüft.



 

Interne Konsistenz

 (n = 165)

Retestreliabilität

(n = 65)

AMS-Sport  
Hoffnung auf Erfolg.95.71**
Furcht vor Misserfolg.93.69**

Anmerkung: ** p £ .01

 

Die Betrachtung der Trennschärfe der einzelnen Items beider Skalen ergab Werte zwischen rit = .508 und rit = .830.

Kurzform

Mit Hilfe einer Sekundäranalyse wurde eine Kurzform erstellt, deren Konsistenzanalyse zufriedenstellende Skalenhomogenitäten ergibt (Barrow & McGee, 1968). Die Cronbachs Alpha liegen bei a = .89 für HE und  = .89 für FM (Wendland, Elbe, Wenhold & Thonke, 2003).

Auch die Retestreliabilität fällt zufriedenstellend aus. Bei einem Retestintervall von sechs Wochen liegt die Stabilität bei rtt = .61 für HE und rtt = .60 bei FM.

 

Kriteriumsvalidität

Stichprobe 1:

Als Grundlage für die Bestimmung der Kriteriumsvalidität diente das Risikowahl-Modell von Atkinson (1957), welches versucht, die Ursachen leistungsmotivierten Verhaltens abzubilden. Anhand dieses Modells wurde ein sportspezifisches Verhaltenskriterium im Handball entwickelt, mit dessen Hilfe das Risikowahlverhalten untersucht werden kann. Die prognostische Validität der AMS-Sport bezüglich des Verhaltenskriteriums wurde mit der eines Fragebogens zur Erfassung des allgemeinen Leistungsmotivs (AMS; Göttert & Kuhl, 1980) verglichen und ergab einen signifikanten Vorhersagebeitrag nur für die AMS-Sport. Die Analyse ergab eine multiple Korrelation von R = .45 und entsprach einer Varianzaufklärung von 21 % [F (27,1) = 6.72; p £ .05]. Bei der multiplen Regression zeigte sich für den Prädiktor Nettohoffnung-Sport (AMS-Sport) ein signifikantes Beta-Gewicht [b = ‑.45, T = ‑2.59; p £ .05]. Der Prädiktor Nettohoffnung (AMS) hingegen hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Vorhersage des Kriteriums [b = .13, T = 0.51; p > .05]. ). Das bedeutet, dass je höher die sportspezifische Nettohoffnung (Erfolgsorientierung), desto realistischer ist die Risikowahl bzw. Zielsetzung.

Weiterhin wurde die inkrementelle Validität der AMS-Sport im Vergleich zu den anderen motivationalen Verfahren (AMS, SOQ und TEOSQ-D) bestimmt. Hierbei zeigte sich, dass lediglich die AMS-Sport neben der Gewinnorientierung des SOQ einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage des Handballkriteriums leisten konnte. Die inkrementelle Validität für die AMS-Sport liegt bei 21%.

 

Stichprobe 2:

In einer weiteren Untersuchung im Golf Putt konnte der signifikante Zusammenhang zwischen der Erfolgsorientierung und der realistischen Zielsetzung repliziert werden (r = -.47; p £ .01).

 

Konstruktvalidität

In Anlehnung an das hierarchische Modell zur Aufsuchenden und Vermeidenden Leistungsmotivation von Elliot und Church (1997) wurden für die Bestimmung der Konstruktvalidität die Skalen der AMS-Sport mit den Skalen des Task and Ego Orientation in Sport Questionnaire – Deutsch (TEOSQ-D; Rethorst & Wehrmann, 1998) und den Skalen des Sport Orientation Questionnaire (SOQ; Elbe, 2004) korreliert. Es ergaben sich weitestgehend die dem Modell entsprechenden Zusammenhänge.

 

 AMS-Sport
 Hoffnung auf Erfolg (HE)Furcht vor Misserfolg (FM)
TEOSQ-D
  
Aufgabenorientierung.36**-.09
Egoorientierung.32**  .06
SOQ
  
Wettkampforientierung.69**    -.26**
Zielorientierung.52**  -.16*
Gewinnorientierung.37**-.02

Anmerkung: * p £ .05;  ** p £ .01; Korrelationen nach Pearson

 

Weitere Hinweise für die Konstruktvalidität liefern die signifikanten Unterschiede zwischen LeistungssportlerInnen und Nicht-LeistungssportlerInnen bezüglich der Ausprägungen der Motivkomponenten Hoffnung auf Erfolg und der Nettohoffnung, wie sie auch schon in Untersuchungen von Gabler (1975) gefunden wurden. Für die Untersuchung der unterschiedlichen Ausprägungen in den Motivkomponenten HE und FM von LeistungssportlerInnen und Nicht-LeistungssportlerInnen, wurde eine gewichtete 1‑faktorielle Varianzanalyse herangezogen. Die Gewichtung wurde durchgeführt, da nur 41 LeistungssportlerInnen im Vergleich zu 124 Nicht-LeistungssportlerInnen an der Untersuchung teilnehmen konnten. Die Varianzanalyse zeigte, dass LeistungssportlerInnen eine signifikant höhere Ausprägung auf der HE-Skala haben als die Nicht-LeistungssportlerInnen; F(1,79) = 15.51; p £ .001. Für die FM-Skala konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen gefunden werden; F (1,79) = 1.68; p > .05.

Zusätzlich wurden die Unterschiede in der Nettohoffnung analysiert. Es ergab sich eine signifikant höhere Nettohoffnung für die LeistungssportlerInnen (M = 26; SD = 12.18) im Vergleich zu den Nicht-LeistungssportlerInnen (M = 17.20; SD = 13.98); F (1,79) = 9.11; p £ .01.

 

Validität der Kurzform

Im Sinne der konvergenten Validität bestehen hohe Zusammenhänge zwischen den Skalen der Langform und den Skalen der Kurzform (Bühl & Zöfel, 2000). Für HE ergibt sich ein Korrelationskoeffizient von r = .83 (p £ .001), während der für FM bei r = .89 (p £ .001) liegt.

 

Zusammenfassung und Diskussion

Es konnte gezeigt werden, dass die AMS-Sport für die Bestimmung des Leistungsmotivs im Sport geeignet ist. Die theoretisch begründete Zweifaktorenstruktur der allgemeinen Version konnte auch für die AMS-Sport gefunden werden. Die interne Konsistenz des bereichspezifischen Instruments erwies sich als sehr gut, sie entspricht dem Anspruch von Cronbach (1990), der einen minimalen Wert von α = .90 für den Vergleich von Individuen fordert. Die Trennschärfen liegen alle über den von Diehl und Staufenbiehl (2001) geforderten rit=.30. Auch die Retestreliabilität konnte nachgewiesen werden.

Das Instrument erwies sich darüber hinaus als äußerst valide. Insgesamt verspricht die AMS-Sport ein geeignetes Instrument zur Bestimmung des sportspezifischen Leistungsmotivs zu werden, das bessere Ergebnisse bezüglich des Sportverhaltens liefert als ein allgemeines Instrument. Das Instrument kann beispielsweise in der Talentdiagnostik, in der sportpsychologischen Betreuung sowie in Forschungsprojekten mit einer motivationalen Fragestellung eingesetzt werden.

 

Literatur

Atkinson, J.W. (1957). Motivational determinants of risk-taking behavior. Psychological Review, 64, 359-372.

Barrow, H. M. & McGee, R. (1968). A practical approach to measurement in physical education. Philadelphia: Lea & Febiger.

Bühl, A. & Zöfel, P. (2000). SPSS Version 10 – Einführung in die moderne Datenanalyse unter Windows (7. Aufl.). München: Addison-Wesley.

Cronbach, L.J. (1990). How to judge tests: Reliability and other qualities. In L.J. Cronbach (Ed.), Essentials of psychological testing. New York: Harper Collins.

Diehl, J.M. & Staufenbiehl, Th. (2001). Statistik mit SPSS Version 10.0. Eschborn:

Elbe, A.-M. (2003). Die sportliche Leistungsorientierung von deutschen und amerikanischen studentischen Leistungssportlerinnen. Psychologie und Sport, 10, 28-37.

Elbe, A.-M. (2004). Testgütekriterien der deutschen Version des Sport Orientation Questionnaire. Spectrum der Sportwissenschaften, 16 (1), 96-107.

Elliot, A.J. & Church, M.A. (1997). A hierarchical model of approach and avoidance achievement motivation. Journal of Personality and Social Psychology, 72, 218-232.

Gabler, (1975). Leistungsmotivation im Hochleistungssport. Schondorf: Hofmann.

Gjesme, T. & Nygard, R. (1970). Achievement-related motives: Theoretical considerations and construction of a measuring instrument. Unpublished Manuscript, University of Oslo.

Göttert, R. & Kuhl, J. (1980). LM-Fragebogen:Deutsche Übersetzung der AMS-Scale von Gjesme und Nygard. Unveröffentlichtes Manuskript, Ruhr Universität Bochum.

Rethorst, S. & Wehrmann, R. (1998). Der TEOSQ-D zur Messung der Zielorientierung im Sport. In D. Teipel, R. Kemper & D. Heinemann (Hrsg.), Sportpsychologische Diagnostik, Prognostik, Intervention (S.57-63). Köln: bps.

Wendland, M., Elbe, A.-M., Wenhold, F. & Thonke, F. (2003). Achievement Motives Scale – Sport Kurzskala. Unveröffentlichter Fragebogen, Universität Potsdam.